Bericht von Bettina Sick-Folchert:
Am Montag, 19.8.2013, haben wir Reconfort besucht. Maman Guillaine und Maman Charlotte holten Victorine und mich im Jeep ab, da im Statdtteil Kinsenso, in dem die beiden Wirkungsstätten von Reconfort liegen, weder Busse noch "normale" Autos fahren können. Der Straßenzustand ist abenteuerlich - das Wort "Schlagloch" wäre eine Beschönigung - eher erinnern die Gruben und Aushöhlungen der Sandpisten an Bombenkrater.
Reconfort arbeitet in Kinsenso an zwei Orten: Der erste ist das private Terrain Nzeza Landu. Es gehört der Schwester der DeKoPa-Vorsitzenden Victorine Mueba. Marie-José arbeitet ebenso wie alle anderen MitarbeiterInnen von Reconfort ehrenamtlich für das Wohl der Kinder und stellt darüber hinaus ihren Hof als Kindergartenort zur Verfügung.
Reconfort hat sich ein tolles Programm überlegt, um uns Gästen aus Deutschland ihre Arbeit vorzustellen: Ein Lied der Kinder, in dem sie von Bewegung unterstützt die Körperteile auf französich benennen, eine temperamentvolle Rede einer anwesenden Mutter, Gespräche mit den ehrenamtlichen MitarbeiterInnen. Es wird klar: Zur Zeit ist die DeKoPa die einzige Unterstützung, die Reconfort erfährt. Es gab von 2005-2007 das Projekt PAM der UN, das als eine Art Schulspeisung zu verstehen ist. Die Kinder bekamen ein selbst gekochtes hochkalorisches Getränk aus Mais und Soja, dazu Bohnen und Kekse. Wegen der Kriege im Osten des Kongo sind die Mittel alle dorthin abgezogen worden. Einmal im Monat wiegen die Mitarbeiterinnen die Kinder - die Ergebnisse sind in einem Buch verzeichnet: Es gibt fünfjährige Kinder, die nicht mal 15 kg wiegen.
Die Mütter sind begeistert von der guten Ausbildung, die ihre Kinder an diesem Ort erfahren. Sie würden sich wünschen, dass nach dem Kindergarten eine Grundschule käme - aber wer soll das bezahlen? Die Erzieherinnen sind alle aus der Umgebung und arbeiten ehrenamtlich - gelegentlich und völlig unzuverlässig gab es Zuwendung des Staates, dann erhielten sie 30 US Dollar im Monat - zur Zeit gibt es mal wieder gar nichts.
Wir mögen uns gar nicht trennen - aber 1 km weiter warten die größeren Kinder und Jugendlichen bereits auf uns.
Nun sehe ich zum ersten Mal das Haus, über das wir uns so viele Gedanken gemacht haben und machen: Wird es uns gelingen, auch die zweite Hälfte zu kaufen? Unser Plan ist, dass wir uns die Kosten für die Haushälfte teilen, aber RECONFORT konnte bis zum jetzigen Zeitpunkt keine finanzielle Unterstützung auftreiben. Die Situation ist noch mal schlechter als vor 4 Jahren, als wir zusammen den linken Teil des Hauses kaufen konnten. Wir hoffen alle, dass das Projekt sich trotzdem realisieren lassen wird. Maman Charlotte fasst es auf ihre Art zusammen: "Wenn Gott will, dass wir das Haus erwerben, dann wird er uns Wege zeigen. Wenn nicht, dann soll es eben nicht sein." Und Maman Guillaine, die verantwortliche Vorsitzende, deren Mann für Unicef im Tschad arbeitet, sagt später mit leiser Stimme:"Manchmal möchte man aufgeben wegen all dieser Schwierigkeiten! Aber dann sieht man die Kinder und macht weiter."
In den Wellblechhütten werden Kinder und Jugendliche im Grundschul- und Hauptschulbereich unterrichtet. Stolz erklären uns die Lehrkräfte, wie gut sie bei den Abschlussprüfungen abgeschnitten haben.
Ein großes Problem im Kongo ist die Arbeitslosgkeit. Da es keine funktionierende Infrastruktur gibt, gibt es auch kaum öffentlich bezahlte Arbeit. So ist es zwar wichtig, eine gute Schulbildung zu erhalten und auch französisch zu lernen - aber es ist leider überhaupt keine Garantie dafür, eine Arbeitsstelle zu finden. Daher hat Reconfort noch eine kleine Abteilung für berufliche Ausbildung angeschlossen. Es gibt die Schneiderei, in der junge Frauen an vier handbetriebenen Nähmaschinen maßgeschneiderte Kleider anfertigen und es gibt einen Schuster, der selbst designte Flip Flops hergestellt hat und auch das nun den jungen Menschen vermittelt. Tropfen auf den heißen Stein, kann man denken - aber wie anders ist dieser Misere dieses Landes zu begegnen als mit kleinsten Schrittchen, von denen einzelne Menschen profitieren können? Wir reden viel über die Unfähigkeit des Staates, Verantwortung für die Bevölkerung zu übernehmen. So lange Politiker den Reichtum des Landes nur nutzen, um die eigenen Taschen zu füllen, und ausländische Konzerne auch nur auf den eigenen Profit achten, wird sich im großen Rahmen nichts
ändern-und wir können das Engagement unserer PartnerInnen, die in diesem Land leben, nur bewundern und mit unseren Mitteln unterstützen.
Unser Besuch hat mir gezeigt, wie wichtig das ist! Nicht nur die finanzielle Unterstützung, sondern der Kontakt und die Wertschätzung der beeindruckenden Arbeit unserer kongolesischen Freunde geben ihnen Kraft und Mut weiterzumachen.